Mathematik & Musik |
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Dozent | Prof. Dr. Benedikt Löwe | ||||||||||
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Beschreibung |
Mathematik und Musik sind eng miteinander verknüpft. In den septem artes liberales war die Musik eine der vier "mathematischen Künste", da Harmonie, Stimmung und Rhythmus eine mathematische Theorie haben. Klassische mathematische Themen in der Musik sind die Harmonielehre, Stimmungen von Instrumenten und melodische Symmetrien. In der Veranstaltung lernen wir den Zusammenhang zwischen der harmonischen Schwingung, der Theorie der Obertöne und der Theorie der Harmonie in der Musik kennen und sie auf Stimmungs- und Temperamentlehre anwenden. | ||||||||||
Vorkenntnisse. | Teile des Stoffes der Vorlesungen Mathematik 1 bis 3 für das Lehramt der Sekundarstufe werden vorausgesetzt, insbesondere Differentialrechnung und trigonometrische Funktionen. Es werden keine weitergehenden Musikkenntnisse voraussetzt (typisches Schulwissen des Fachs Musik ist ausreichend). | ||||||||||
Prüfung. | Es wird eine Online-Klausur am 26. Juli 2022 (Wiederholungsklausur am 19. September 2022) geben. Die Klausur dauert 120 Minuten und ist eine Kofferklausur ("open book"): alle Materialen dürfen während der Klausur verwendet werden. Die Klausuraufgaben werden zu Beginn der Klausur in Moodle heruntergeladen und nach Ablauf der 120 Minuten als pdf-Datei in Moodle hochgeladen. Zwischen Herunterladen und Hochladen der Dateien ist keine Internet-Verbindung nötig. | ||||||||||
Trainingsgelegenheiten. | Es gibt keinen Übungsbetrieb, aber im Laufe des Semesters wird eine Reihe von Trainingsgelegenheiten zur Verfügung gestellt, die der Nachbereitung der Vorlesung und der Vorbereitung auf die Klausur dienen können. Es gibt keine Abgabe oder Korrektur. Die Trainingsgelegenheiten finden sich in einer chronologisch sortierten PDF-Datei, die im Laufe des Semesters wächst: Trainingsgelegenheiten. | ||||||||||
Erste Vorlesung: 4. April 2022. | §1 Historische Zusammenhänge von Mathematik und Musik. Pythagoras und die Pythagoräer. Quellen zu Pythagoras. Verhältnisse der Saite und Wohlklänge (Oktave, Quinte, Quarte). Die septem artes liberales: Musik als eine der vier mathematischen Disziplinen im Quadrivium. Töne und Klänge. Frequenzspektrum. Klänge als Linearkombination von Tönen. Ziel: eindeutige Rekonstruierbarkeit des Frequenzspektrums aus der Summe der Funktionen. Überblick über den Vorlesungsplan. Vorlesungsnotizen. | ||||||||||
Zweite Vorlesung: 11. April 2022. | §2 Warum eigentlich Sinus? Sinus und Kosinus sind phasenverschoben. Der Vektorraum aller reellen Funktionen. Bemerkungen zur Dimension dieses Vektorraums. Unterräume: stetige Funktionen, differenzierbare Funkionen, glatte Funktionen. Sinus und Cosinus sind voneinander linear unabhängig. Additionstheoreme für Sinus und Cosinus (ohne Diskussion); Definition von Sinus und Kosinus als Taylorreihe. Der harmonische Oszillator (das Federpendel) und seine Differentialgleichung; Newtons zweites Gesetz. Sinus als Lösung. Differentialgleichungen und Anfangswertprobleme: Satz von Peano und Satz von Picard-Lindelöf. Lineare Differentialgleichungen erster Ordnung (homogen und inhomogen). Lösungen von linearen Differentialgleichungen bilden Untervektorräume. Allgemeine Lösung von linearen Differentialgleichungen durch die Exponentialfunktion. Systeme von Differentialgleichungen erster Ordnung und Systeme von Anfangswertproblemen erster Ordnung. Linear homogene Systeme und ihre Lösungen: bilden einen Untervektorraum. Reduktion einer einfachen Differentialgleichung zweiter Ordnung in ein zweidimensionales System erster Ordnung. Lösung von linear homogenen Systemen erster Ordnung mit konstanten Koeffizienten über das Matrixexponential. Vorlesungsnotizen. | ||||||||||
Dritte Vorlesung: 25. April 2022. |
§2 Warum eigentlich
Sinus? (Fortsetzung) Präzise Definition des
Matrixexponentials. Matrixnorm. Submultiplikativität der
Matrixnorm. Beweis der Konvergenz der das Matrixexponential
definierenden Reihen. Theorem über die Lösungen von
linearen homogenen Systemen erster Ordnung mit konstanten
Koeffizienten (ohne Beweis). Anwendung auf die konkrete
Differentialgleichung für das Federpendel: Berechnung der
Potenzen der Matrix und Berechnung des Matrixexponentials. Sinus und
Kosinus spannen den Lösungsraum auf. Linearkombinationen von
Sinus und Kosinus sind phasenverschobene Sinusfunktionen. §3 Schwebungen. Additionstheoreme angewandt auf zwei Sinusfunktionen, die um einen kleinen Faktor voneinander abweichen. Zwei verstimmte Saiten geben eine Sinusschwingung der Durchschnittsfrequenz, die um einen Kosinus moduliert ist. Schwebungen. Vorlesungsnotizen. | ||||||||||
Vierte Vorlesung: 2. Mai 2022. | §4 Die schwingende Saite Die Wellengleichung (ohne Herleitung). Spannkraft, mechanische Spannung, Dichte, lineare Dichte. Satz von d'Alembert (ohne Beweis). Folgerungen für den Fall der schwingenden Saite: die Lösung ist von der Form \(\varphi(x,t) = f(x+ct)-f(ct-x)\) und ist \(2\ell\)-periodisch. Verweis auf die Tatsache, daß wir eine gute Theorie periodischer Funktionen über die Fourier-Darstellungen haben (vgl. Vorlesung V). Bernoullis Lösung: Nachweis, daß dies eine Lösung der Wellengleichung ist; Mersennesche Formel für Frequenz und Saitenlänge. Beispiel: Klaviersaite mit vorgegebener Dichte und Spannung. Vorlesungsnotizen. (Der Nachweis der Mersenneschen Formel war in der Vorlesung verschoben worden und ist in den Notizen auf Seite 14 nachgeholt.) | ||||||||||
Fünfte Vorlesung: 9. Mai 2022. | §5 Theorie der Fourierreihen. Trigonometrische Reihen: Beispiele für Konvergenz und Nichtkonvergenz. Fourierreihen und -koeffizienten. Abschlußeigenschaften von Periodizität. Satz von Dirichlet: Existenz einer Fourierreihe und explizite Berechnung der Fourierkoeffizienten. Gerade und ungerade Funktionen: Abschlußeigenschaften. Gerade Funktionen haben eine Kosinusfourierreihe; ungerade Funktionen haben eines Sinusfourierreihe. Fourierspektrum einer periodischen Funktion. Der Grundton einer periodischen Funktion, die Harmonischen und die Obertöne. Klänge. Einfache Fourierspektren. Können wir an einer Summe von Harmonischen erkennen, wie sie zusammengesetzt ist: Beispiel einer endlichen Linearkombination von Harmonischen. Vorlesungsnotizen. | ||||||||||
Sechste Vorlesung: 16. Mai 2022. |
§5
Theorie der Fourierreihen. Klangspektren verschiedener
Instrumente des Orchesters. Die Quadratwelle (Approximation des
Klangspektrums der Klarinette). Verstärkter Satz von Dirichlet:
Fourierentwicklung für stückweise stetig differenzierbare
Funktionen. Fourier-Koeffizienten der Quadratwelle. Übersteuerung
an den Unstetigkeitsstellen: das Gibbs-Phänomen. §6 Konsonanz. Verhältnis der Obertonreihen von Grundtönen, die eine Oktave (reine Quinte) voneinander getrennt sind. Obertonreihen und kleine ganzzahlige Verhältnisse der Grundschwingungen. Konsonanz von Klängen. Periodizität und rationales Verhältnis der Grundtöne. Konsonanz von Tönen: Verweis auf Psychoakustik und Musikkognition. Helmholtzsche Theorie der Tonempfindungen: Schwebungen, Rauhigkeit, Konsonanz. Vorlesungsnotizen. | ||||||||||
Siebte Vorlesung: 30. Mai 2022. |
§6
Konsonanz. Musikalische Illusionen: Shepard-Tonleiter. §7 Die pythagoräische Tonleiter. Bezeichnungen für Intervalle: Oktave, Quinte, Quarte, große und kleine Terz, Sekunde. Berechnung der Faktoren für Intervalle mit Beispielen. Tritonus: Intervall mit Faktor \(\sqrt{2}\). Aufteilung der Tonleiter in zwölf Halbtonschritte: gleichstufige Stimmung mit Faktor \(\sqrt[12]{2}\); keine natürlichen Intervalle bis auf die Oktave tauchen in der gleichstufigen Tonleiter auf. Pythagoräische Stimmung und der Quintenzirkel. Solfeggio: Bezeichnungen und Definitionen der Tonstufen Do, Re, Mi, Fa, Sol, La, Ti; historische Bemerkungen zur Nomenklatur. Stimmung in Quinten berechnet alle zwölf Halbtöne, weil \(7\) ein additiver Generator der Gruppe \(\mathbb{Z}_12\) ist. Definition der Töne I: Quinte nach oben; Bezeichnungen erhöhter Töne durch Kreuz und Doppelkreuz. Berechnung von G (\(\frac{3}{2}\)) und D (\(\frac{9}{8}\)) in der pythagoräischen Tonleiter. Vorlesungsnotizen. | ||||||||||
Achte Vorlesung: 13. Juni 2022. | §7 Die pythagoräische Tonleiter (Fortsetzung). Grund-Tonbezeichnungen und Tonbezeichnungen. Verfahren zur Bestimmung von Tonbezeichnungen bei Quintenstimmung nach oben. Berechnung der Frequenzen von G, D, A, E, H und F♭ durch Quintenstimmung nach oben. Alle Frequenzen sind von der Form \(\frac{3^k}{2^\ell}\nu\). Intervalle in der entstehenden Tonleiter: Ganztonschritte (\(\frac{9}{8}\)) und Halbtonschritte (\(\frac{256}{243}\)). Zwei Halbtonschritte sind kein Ganztonschritt. Vorhersage der Frequenz von F auf der Grundlage der Ganz- und Halbtonschritte. Quintenstimmung nach unten. Alle Frequenzen sind von der Form \(\frac{2^k}{3^\ell}\nu\). Bestimmung der Frequenzen von F, H♭, E♭, A♭, D♭ und G♭. Feststellung, daß F♯ und G♭ verschieden sind. Unendliche Quintenspirale. Abstand von F♯ und G♭: Pythagoräisches Komma (\(\frac{3^{12}}{2^{19}}\)). Enharmonie. Vorlesungsnotizen. | ||||||||||
Neunte Vorlesung: 20. Juni 2022. |
§7 Die pythagoräische
Tonleiter (Fortsetzung). Merksprüche für den
Quintenzirkel. Das pythagoräische Komma als Differenz zwischen
zwei Halbtonschritten und einem Ganztonschritt. Ellis' Cent-Notation:
Beispiele; die pythagoräische Tonleiter in Cent.
§8 Die reinen Stimmungen. Terzen
kommen nicht in der pythagoräischen Tonleiter auf. Dreiklänge:
Dur, Moll, vermindert, übermäßig. Reine Dur- und
Moll-Dreiklänge. Die Basisterzstimmung: C-Dur-Dreiklang ist
rein. Syntonisches Komma (\(\frac{81}{80}\)). Die Basisterzstimmung hat keine reinen Dreiklänge außer
C-Dur. Primärdreiklänge eines Grundtons: Tonika,
Subdominante, Dominante. Reine Stimmung für einen Grundton. Die
reine C-Stimmung. Vorüberlegung: was muß man tun, um auch
eine reine G-Stimmung zu bekommen?
Vorlesungsnotizen.
§10
Wechselläuten (nicht klausurrelevant). Beschreibung und
Beispielvideo. §11
Rückblick & Überblick. Die verschiedenen
Stimmungen (pythagoräisch, rein, mitteltönig und
wohltemperiert) und ihre mathematischen Eigenschaften:
Ganztonschritte und Halbtonschritte, Dreiklänge, Tonleitern und
Enharmonie. Rekapitulation der gesamten Vorlesung. |